Evelin Förster

Die Perlen der Cleopatra

Notentitelblätter von 1894 bis 1937 als Spiegel der Gesellschaft

Layout: Peter Nils Dorén

Selbstverlag Evelin Förster

Beschreibung

Operetten, Revuen, Couplets, Schlager und Filmmusik prägten die Unterhaltungskultur Berlins um die Jahrhundertwende bis in die 1930er Jahre. Überall wurde musiziert: in Operettenhäusern, Varietés, Kaschemmen, Cafés, Ballsälen erklangen beliebte Melodien. Die Unterhaltungsmusik dieser Jahre trug dazu bei, dass Berlin bis heute gerne auf diese Zeit der Hochkultur verweist, die nach dem Machtantritt durch die Nationalsozialisten ein jähes Ende fand.

Einige dieser Schlager, Operettenmelodien sowie Filmmusiken sind noch heute bekannt und wurden zu echten Evergreens wie „Wer wird denn weinen, wenn man auseinandergeht“ oder „Wo sind Deine Haare, August?“ Wie diese beiden Titel wurden auch Couplets, Filmmusiken, Hauptschlager aus Revuen und Operetten in Verbindung mit grafisch vielschichtig gestalteten Notentitelblättern in Umlauf gebracht, denn der Bedarf an gedruckten Noten war unvorstellbar.

In dem von mir herausgegebenen Buch wird eine repräsentative Auswahl meiner Sammlung aus den Jahren 1894 bis 1937 vorgestellt und im Kontext ihrer Zeit interpretiert. Eingebunden in die jeweiligen gesellschaftlichen Begleitumstände zeigt sie allein anhand der grafischen Titel-Interpretationen oftmals völlig neue soziale Aspekte auf und vermittelt auf diese Weise ein Spiegelbild der sich mit den Jahren verändernden Gesellschaft. In Verbindung mit Originalzitaten aus den Printmedien und Publikationen der Zeit unterstreichen die Notentitelblätter höchst authentisch die kulturelle Vielfalt der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts und verweisen auf eine Hochzeit der Unterhaltungskultur. Als visuelle Schauseiten der Unterhaltungsmusik und -kunst sind sie weit mehr als nur illustrative „Hüllen“, denn sie verbildlichen wichtige Fassetten der Zeitgeschichte, die es zu entdecken gilt. Zugleich sollen die vorgestellten Komponisten, Textautorinnen und -autoren, Grafikerinnen, Grafiker und weitere Künstlerinnen und Künstler vor dem Vergessen bewahrt werden.

Das Buch enthält eine ausführliche Einführung, der 14 thematisch gegliederte Kapitel und 3 Exkurse folgen, in denen die ca. 500 farbigen, vielfach ganzseitigen Abbildungen der Notentitelblätter in chronologischer Anordnung in verschiedene Kontexte gesetzt und interpretiert werden. Der Anhang enthält eine Auswahl von ca. 100 biografischen Skizzen der Urheber der musikalischen Werke sowie der bildenden Künstlerinnen und Künstler, ein detailliertes Verzeichnis aller Abbildungen, ein nach Komponisten, Textautoren, Grafikern, Fotografen und weiteren Persönlichkeiten aus Kunst, Kultur und Politik unterteiltes Personenregister mit ca. 1.300 Namen, ferner ein Verzeichnis der verwendeten und weiterführenden Literatur.

Begründung der Jury

Evelyn Förster, Sängerin, Autorin und Schauspielerin, sammelt seit vielen Jahren Notenblätter aus den letzten beiden Jahrhunderten und hat nun rund 500 davon in diesem Buch zusammengebracht. Notenblätter sind heute oft ohne individuelle Gestaltung, damals wurden sie jedoch sehr aufwändig und dekorativ gestaltet, quasi ein Vorläufer der späteren Plattencover. Bekannte Schlager aus der Zeit verkauften sich auch ebenso gut.

Rund 500 dieser Blätter bilden die gesamte Vielfalt dieser Zeit in diesem im Eigenverlag veröffentlichten Buch ab. Evelin Förster hat diese in 17 thematisch gegliederte Kapitel, beispielsweise zum Frauenbild, Mode, Tanz oder Film sortiert und textlich eingeordnet. Ein umfangreicher Anhang mit Literaturverzeichnis, Namenregister, Bibliographischen Skizzen etc. rundet das Werk mit über 350 Seiten ab. Quellen, Autoren und Urheber wurden soweit möglich recherchiert und dokumentiert.

Die ersten 30 Jahre des 20. Jahrhunderts glichen einem Tanz auf dem Vulkan oder einem Zug, der unaufhaltsam Fahrt aufnimmt – um dann ungebremst auf den Abgrund zuzurasen. Zwischen Tradition und Aufbruch wurden Röcke und Frisuren kürzer, die Rollen hin- und her getauscht, Politik und Musik immer wilder. Das Nachtleben spielte eine große Rolle und nicht von ungefähr steht Berlin als Schmelztiegel im Zentrum. Viele Schlager entstanden hier und wurden in den zahlreichen Bars, Revuen und Bühnen der Hauptstadt zu regelrechten Gassenhauern, die man heute noch kennt. Andere Schätze wiederum werden von Evelin Förster im Buch wieder gehoben und zeugen von beinah erschreckender Aktualität. In einer Zeit, in der Bühnenwerke wie „Frau Luna“, „Ball im Savoy“ oder die titelgebenden „Perlen der Cleopatra“ vielumjubelte Aufführungen u.a. in der Komischen Oper erleben, kommt dieses opulente Buch gerade zur rechten Zeit.

Das Buch ist ein Feuerwerk. Es ist groß, bunt und voller (sinnlicher) Lebensfreude. Und vor allem ist es schön. Es ist humorvoll, frivol, altmodisch, romantisch – alleine die Vielfältigkeit der Abbildungen, der grafischen Stile und Schriftarten begeistern. Sie sind nicht nur ein Spiegel der Gesellschaft, sondern verdichten alleine in dem Feld der Notentitelblätter den gesamten Kosmos der damaligen Zeit. Alle Kunstrichtungen von Jugendstil über Expressionismus bis Dada oder Kollagen, wie wir sie u.a. aus Fritz Langs „Metropolis“ kennen, finden sich ein. Sie werden hervorragend gehalten durch thematische Texte, die mit großer Kenntnis über die Zeit und ihre Musik uns helfen zu reflektieren, was uns der Blick rund 100 Jahre zurückgeben könnte.

Dieses Buch zu schreiben und darüber hinaus zu verlegen, ist eine immense Leistung. Überraschend ist, in welcher Qualität die Abbildungen reproduziert werden konnten und mit wie viel Liebe und Aufwand in allen Aspekten des Buches gearbeitet wurde. Es scheint fast überflüssig zu erwähnen, dass folglich die Gestaltung und Ausstattung des Buches bis hin zur Fadenheftung und Papier hervorragend ist. Wer soziale oder kreative Inspiration sucht, wird sie auf dem etwas unkonventionell klingenden Feld der Notentitelblätter finden.

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